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Es geht wieder los.
Spätestens ab dem 10. Juni, und dem Anpfiff des Auftaktspieles der Fussball Europameisterschaft in Frankreich (im Übrigen, 21:00 Uhr Frankreich gegen Rumänien in Paris), werden wir auf deutschen Strassen wieder Karawanen schwarz, rot, gold geschmückter Fahrzeuge erblicken, sowie Menschen, mit Vollbeflaggung am ganzen Körper und wilder Kriegsbemalung im Gesicht. Die Zeit der Deutschland Fanartikel ist wieder einmal angebrochen.
Was ist das für ein Trend, der sich spätestens seit der Weltmeisterschaft im eigenen Lande 2006, fast zur Tradition entwickelt hat? Weshalb schmieren sich besonders gestandene Mannsbilder das Gesicht auf einmal mit Schmikfarbe zu? Weshalb prangt sogar an manchem Stern, der sonst doch so stolz die Motorhaube ziert, auf einmal eine schwarz-rot-goldene Mütze? Was hat es damit auf sich, dass Eltern Ihre Kinder in kleine Versionen der geliebten Fussballidole verwandeln, Unmengen von dem, doch sonst so sparsam investierten, Haushaltsgeld auf einmal ganz locker ausgeben, um den Sprössling in das neueste, vom DFB frisch präsentierte, Trikot zu stecken, nur um ihm danach auch noch ein Irokesen-Haarteil in den geliebten Deutschlandfarben auf dem Kopf zu befestigen. Was ist da los, dass eine gesamte Nation, (ja ok, nicht nur eine Nation sonder in dem Falle diesen Sommers ganz Europa) völlig durchdreht und wie verrückt, bei egal welchem Wetter bzw. Unwetter, auf den nächstgelegenen öffentlichen Platz pilgert, um mit vielen anderen gleichgesinnten gemeinsam auf eine Leinwand zu starren, und ihre Idole auf dem Platz für sie um, man könnte meinen, Leben und Tod kämpfen zu sehen.
Die neue Deutsche Fan-Manie, warum, weshalb, wieso, ich gehe ihr hier mal auf den Grund:
WM 2006 in Deutschland
10 Jahre ist es nun schon her! 10 Jahre. Ist es denn zu glauben? Der deutsche Sommer unseres Lebens, oder einfach „Deutschland ein Sommermärchen“. Wisst Ihr eigentlich noch, dass wir damals NICHT Weltmeister geworden sind? Bei der Euphorie, die sich – ja auch in mir- ausbreitet sobald ich an diese Zeit zurück denke, ist es eigentlich kaum zu glauben, dass die Deutsche Mannschaft damals nur 3. geworden ist. Allerdings, ein Gedanke mehr und man hat auch wieder die tiefe Trauer und Fassungslosigkeit vom 4.7.2006 im Kopf und in der Magengegend, als der Italiener Grosso eine kleine Minute vor Ende der Verlängerung die Führung für Italien erzielte, und nur zwei Minuten später sein Kollege Del Piero für die Entscheidung zum 0:2 sorgte. Ich war damals auf Deutschlands größter Fanmeile am Brandenburger Tor. Zu jedem Spiel Deutschlands und zusammen mit Millionen anderer Menschen fast aller Nationen. Es war wirklich ein Märchen. Und die Geburtsstunde des deutschen Nationalstolzes nach 1945. Oder kann sich irgendjemand daran erinnern vor besagtem Sommer mit einer schwarz-rot-goldenen Bemalung stolz „Deutschland, Deutschland“ schreiend durch die Stadt gelaufen zu sein? Oder dies gar noch im Ausland?!? Auf einmal, gar kein Problem. Ja, wir waren endlich wieder stolz darauf deutsch zu sein, und dies zu zeigen, zu rufen und zu feiern, und ganz ohne gebeugte Häupter. Warum das auf einmal so war? Ich weiß es nicht aber eines ist ganz eindeutig, es war an der Zeit. Und deshalb, und weil ganz Deutschland das so von Herzen fühlte, wurden über das gesamte Land verteilt große öffentliche Üertragungsflächen geschaffen, an denen möglichst viele Menschen gemeinsam die Spiele sehen und ihre Fanfreuden ausleben konnten. Deutschland entdeckte die Macht des Public Viewing.
Public Viewing
Was für ein schönes englisches Wort ;). Zwei Wörter um genau zu sein und direkt übersetzt bedeuten sie „öffentliches Sehen“. Und das wäre auch schon genug der Erklärung. Außerdem, muss man tatsächlich noch irgendjemandem in diesem Lande erklären, was Public Viewing ist? Sicherlich haben sich Freunde schon vor dem Sommermärchen 06 zusammengetan und vor einen Fernseher gekauert um sich gemeinsam zu freuen oder das Leid zu teilen. Und das man gerade solche Dinge wie Fußball am liebsten gemeinsam erlebt, sich z. B. mit wildfremden Menschen in den Armen liegt um Trost oder unendliche Freude zu empfinden, das weiß jeder der auch nur mal ein Regionalliga Spiel im Stadion miterlebt hat, geschweige denn eines um Auf- oder Abstieg in die erste Liga oder gar den Gewinn dieser auf den Stehplätzen unter den Ultras… Ahhhhch ein tolles Gefühl der Gemeinsamkeit. Die Idee, dieses Gefühl auch unter all jene zu bringen, die keine der begehrten und sehr begrenzten Stadion Karten für eines der WM Spiele ergattern konnten, lag ja nun ziemlich nahe – und geboren ward das Public Viewing auf deutsch. Und wenn ich nicht alleine zu Hause vor dem Fernseher hocke, sondern mit Millionen anderer vor einer Großleinwand hüpfe und tanze, dann möchte ich auch geschmückt sein. Erkannt werden als Unterstützer meines Teams, als Gleichgesinnter unter anderen Fans. Und wenn das bedeutet, dass ich mir drei – farblich nicht gerade meiner Ästhetik entsprechende – Balken Farbe ins Gesicht schmiere, und mir zwei ebenso gefärbte Bunny-Ohren auf den Kopf setze, ja dann tue ich das! Und mit Freude!
Warum braucht man Fanartikel
Und deshalb braucht man auch die Fanartikel! Weil man zusammen gehört. Weil man sich als Team sieht. Warum tragen die Spieler einer Mannschaft das gleiche Trikot? Genau, damit man sieht, dass sie auf dem Feld zusammen gehören. Und das will der Fan auch. Zusammengehören. Ganz einfach, weil es uns stärker macht, Glück größer wird wenn man es teilt und Leid einfacher zu ertragen. Ja, sie sind unglaublich wichtig die Fanartikel! Und ja, auch ihr Geld wert. Denn sie machen so viel Spaß und bringen, wenn auch nur für einen Moment, so große Freude. Sommer, Sonne und ein bisschen Fussballglück, wir haben es uns verdient. Also, deckt Euch ein, geht zum Public Viewing und genießt sie, die schönste Nebensache der Welt, und wer weiß, wer Weltmeister wird, kann doch eigentlich auch Europameister werden oder ;)!
Viel Glück Jungs!
